Teamtag 2022
Geschichte zum Anfassen (Dezember 2022)
2024 ist es soweit: Unser Euregionales Medienzentrum wird 100 Jahre alt. Für die kommunalen Medienexpert*innen war das schon jetzt Grund genug, beim diesjährigen Teamtag die Spuren ihrer Einrichtung zu entdecken. Und wer glaubt, dass Medien in den Bildungseinrichtungen unserer Region noch nicht so lange eingesetzt werden, der irrt. Dazu aber später mehr, denn die Geschichte wurde für uns am 8. Dezember von hinten aufgerollt. Unser Reiseleiter war kein geringerer als der Medienpädagoge und Diplom-Gymnasiallehrer des Medienzentrums David Falke. Seit mehreren Jahren führt er als Guide für den hiesigen Kulturbetrieb Stadtführungen durch und kennt sich deswegen bestens in Aachen aus. Für die perfekte Route hat er sich unseren Zeitstrahl als Vorlage genommen, den wir vor einigen Jahren recherchiert und erstellt haben.
Vom Depot über den Blücherplatz zur Bergstraße
Seit dem Jahr 2017 befindet sich der Sitz des Medienzentrums im ehemaligen Straßenbahndepot in der Talstraße. Die hellen, großzügigen und modernen Räume entsprechen endlich den hohen Ansprüchen an pädagogische Lernorte und innovative MediaLabs. Das war aber nicht immer so. Strenggenommen ging es von ganz oben zunächst einmal unter die Erde…
In den 80ern zog das Medienzentrum – bis 2000 als Bildstelle bekannt – in das alte Schulgebäude am Blücherplatz, nur wenige Schritte vom jetzigen Standort im Depot entfernt. Einige der Räumlichkeiten befanden sich im Souterrain, die Fenster teilweise vergittert und mit wenig Lichteinfall. Günther Kowalewsky, seit 1984 als Techniker im Medienzentrum beschäftigt, kann sich noch sehr gut an seine Anfangszeit erinnern: „Eigentlich wusste ich damals nicht so recht, ob ich im Medienzentrum bleiben wollte, aber mein Vorgänger hat nur auf mich gewartet und sich dann in den Ruhestand verabschiedet. Ich steckte plötzlich mittendrin!“ Die haptische Ausleihe von Medien florierte zu dieser Zeit, doch nur wenige Jahre später wurden immer mehr Medienzentren in NRW geschlossen. Durch das Ausscheiden vieler Leitungen und die fehlende Rechtsgrundlage zum verpflichtenden Betrieb einer Bildstelle verzichteten einige Kommunen gänzlich auf die Weiterführung der Schulungs- und Verleihzentren für Bildungsmedien. Nicht so in Aachen, hier konnte die Einrichtung mit einem Kniff erhalten bleiben: Die Kreisbildstelle und die Stadtbildstelle Aachen fusionierten gemeinsam mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Jahr 2000 zum Euregionalen Medienzentrum. Schon 2004 wurde eine Streaming- und Download-Plattform für Medien eingeführt: EDMOND NRW. Das war lange Zeit bevor Amazon Prime und Netflix das (lineare) Fernsehen revolutionierten. Dank unseres Kollegen und Zeitzeugens Günther Kowalewsky konnten wir diese Station für uns im besonderen Maße erschließen.
Ganz anders verhielt es sich mit dem Standort Bergstraße. Den Keller der Gemeinschaftshauptschule Sandkaulstraße, in dem das Medienzentrum Anfang der 60er bis in die 80er untergebracht war, konnten wir nicht besichtigen. Denn auf dem ehemalige Schulgelände, das zwischenzeitlich zur 4. Gesamtschule gehörte, befindet sich nun ein Kindergarten. In dieser Zeit betrieb das Medienzentrum ein eigenes Fotolabor, in dem sich Schulklassen mit dem Thema Fotografie praktisch auseinandersetzen konnten. Auf dem weiteren Weg wurden wir vom Sirenengeheul des bundesweiten Warntages begleitet.
Sirenengeheul in der Pontstraße
In der Zeit des Nationalsozialismus war das Medienzentrum im Gebäude des jetzigen Zeitungsmuseums untergebracht. Im Hinterhof erfuhren wir vom Leiter des Museums, Andreas Düspohl, einiges über die Geschichte des bedeutenden Zeitungsarchivs. Die durchdringenden Sirenen ließen uns dabei immer wieder innehalten. Unsere ehemalige Kolleg*innen dürften genau diese Situation seinerzeit mehrfach erlebt haben und dabei in den Keller geflüchtet sein. Vom Alarm begleitet besichtigten wir die beengten und kalten Kellerräume.
Die Kriegsschäden hatten auch erhebliche Auswirkungen auf den Medien- und Gerätebestand der Einrichtung. Nur mit den Spenden von Geräteherstellern wie Liesegang und der finanziellen Unterstützung der Besatzungsmächte konnte das Medienzentrum wieder aufgebaut werden.
Biene Maja im Rathausturm
Die letzte Station führte uns ins Zentrum der Macht und zu den Anfängen des Medienzentrums überhaupt. Gründer des Medienzentrums, der damalige Stadtschulrat Peter Kremer, brachte das Medienzentrum kurzerhand in einem Turm des Rathauses unter. Einer unserer ersten Verleihfilme war dabei der schwarz-weiß Stummfilm Biene Maja. Die Filme durften aber nur entliehen werden, wenn die Lehrkraft sich im Umgang mit den Abspielgeräten schulen ließ und einen Vorführschein im Medienzentrum erwarb. Der qualifizierte Verleih ist noch heute ein festes Standbein des Medienzentrums.
Prof. Dr. Pohle führte uns mit viel Wissen und Humor durch den Rathausturm und ließ uns in eine Welt vor unserer Zeit eintauchen. Der Weg durch den Turm und der Blick auf die Dächer der Stadt beeindruckten uns zutiefst und bildeten einen überaus gelungenen Abschluss einer ganz besonderen Reise durch die Stadt und unsere Geschichte.
Vielen Dank an alle, die diesen Tag zu einem ganz besonderen Ereignis gemacht haben!
Lara Langfort-Riepe
Über die Autorin: In der Abizeitung stand bei Berufswunsch: Irgendwas mit Medien für Kinder! Denn schon während ihrer Schulzeit berichtete Lara als rasende Reporterin für junge Menschen. Nach einem wissenschaftlichen Magisterstudium in Greifswald und Münster mit den Schwerpunkten Kindermedien, Medienbildung und Recht sowie einem Fernseh-Volontariat in Köln waren die Kindernachrichtensendung logo! genau wie der Kinderkanal KIKA und die Film- und Fernsehschule in Hamm wichtige Stationen in ihrem beruflichen Leben. So ist es kaum verwunderlich, dass Lara ein großes Faible für die Filmbildung hat. Seit dem Jahr 2016 leitet sie das Euregionale Zentrum für digitale Bildung.
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