Erzieher*innen in Ostbelgien

Ein Blick auf das Lehramt Kindergarten und Primarschule (November 2024)

Die Erzieher*innenausbildung in Ostbelgien weist insbesondere im Bereich des Lehramts für den Kindergarten und die Primarschule spannende Unterschiede zur Ausbildung in Deutschland auf. Diese Unterschiede beeinflussen nicht nur die pädagogischen Fachkräfte und deren Qualifikation, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf den Übergang vom Elementarbereich in den Primarbereich und somit auf die Kinder. Im Oktober 2024 wurden 14 Erzieher*innen der Grundschule bzw. des Kindergartens in Kettenis bei einer dreistündigen Schulung zur „Medienkompetente KiTa“ qualifiziert. Dabei ist ein großer Unterschied aufgefallen: In Ostbelgien werden angehende Erzieher*innen für den Kindergarten und die Primarschule durch spezifische Lehramtsstudiengänge ausgebildet. Sie erlangen bereits im Studium tiefgreifende didaktische und methodische Kompetenzen, die sie in die Lage versetzen, direkt in den schulischen Bereich einzusteigen. Dieser Ansatz unterscheidet sich von der deutschen Ausbildung, wo Erzieher*innen meist eine andere pädagogische Qualifikation erlangen und nicht automatisch eine Lehrbefähigung für den Primarbereich besitzen. Die belgische Struktur ermöglicht eine frühzeitige Spezialisierung, die darauf abzielt, pädagogische Fachkräfte mit vertieftem Wissen im Bereich der kindlichen Entwicklung auszubilden, und zwar von der frühen Kindheit bis ins Grundschulalter.

Ein großer Vorteil des belgischen Systems ist die engere Verbindung zwischen Kindergarten und Grundschule. Die Übergänge zwischen diesen beiden Bildungsbereichen werden in der Ausbildung stärker berücksichtigt, da die Lehrkräfte auf eine durchgängige Betreuung und Bildung der Kinder vorbereitet werden. In Deutschland hingegen sind diese Übergänge oft durch strukturelle Unterschiede in den Ausbildungsgängen voneinander getrennt, was zu unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen und Methoden führt. Für die Kinder in Ostbelgien kann das eine sanftere und stabilere Übergangsphase bedeuten, da die Fachkräfte die Entwicklungsprozesse von der frühen Kindheit bis zur Grundschulzeit begleiten und einheitliche Bildungsziele verfolgen können.

Für die Kinder selbst kann das System in Ostbelgien einige Vorteile mit sich bringen. Der Wechsel von der Kita in die Schule kann reibungsloser verlaufen, da die Lehrkräfte vertraute Gesichter und bereits bekannte Methoden darstellen. Dieses Vertrauen und die Kontinuität im pädagogischen Ansatz können eine sichere Lernumgebung schaffen und mögliche Unsicherheiten verringern, die beim Übergang in ein neues Bildungssystem entstehen könnten. Dadurch können sich die Kinder besser aufgehoben fühlen und ein kontinuierliches Lernerlebnis erfahren, das sie in ihrer Entwicklung optimal unterstützen würde.

Für die pädagogischen Fachkräfte hat das ostbelgische System ebenfalls positive Auswirkungen. Sie verfügen über eine breite Wissensbasis und spezifische Methoden , um den Bildungsweg der Kinder zu begleiten. Diese durchgehende Qualifikation kann eine kohärente pädagogische Arbeit ermöglichen, bei der Fachkräfte die individuellen Bedürfnisse der Kinder im Übergang vom Elementar- zum Primarbereich stärker berücksichtigen können. Gleichzeitig stellt diese duale Ausrichtung eine gewisse Herausforderung dar, weil die Lehrkräfte eine hohe Verantwortung übernehmen müssen, um den Bildungsweg der Kinder über mehrere Entwicklungsphasen hinweg zu gestalten.

Das ostbelgische Modell zeigt, wie ein durchgängiger Bildungsansatz zu einer harmonischeren Entwicklung der Kinder beitragen kann. Für den deutschen Bildungssektor bedeutet dies vielleicht, stärker über Modelle nachzudenken, die eine engere Verknüpfung von Elementar- und Primarbereich ermöglichen. Solche Überlegungen könnten den Übergang für die Kinder erleichtern und zugleich die Ausbildung und Arbeit der Fachkräfte in einer durchgängig pädagogischen Rolle bereichern. Bei der Qualifizierung „Medienkompetente KiTa“ des Kindergartens in Kettenis zeigten die Erzieher*innen, dass eine ganzheitliche Ausbildung neue Perspektiven eröffnet, von denen sowohl Kinder als auch Fachkräfte profitieren. Ein Ansatz, der wertvolle Anregungen für unser eigenes Bildungssystem bieten kann.

Jessica Szkodzinski

Über die Autorin: Jessica Szkodzinski ist seit Juli 2022 als Referentin für Medienbildung im Euregionalen Zentrum für digitale Bildung tätig, beschäftigt sich vordergründig mit der Medienkompetenzförderung der Jüngsten und ist mit den vielfältigen Medienthemen im frühkindlichen Bereich bestens vertraut. Dazu gehört auch die Durchführung der „Medienkompetenten KiTa“-Qualifizierung. Ihr Know-how im Bereich der Medienwissenschaft und der Medienpädagogik vermittelt sie leidenschaftlich gerne in diversen Schulungen und Beratungen an pädagogische Lehr- und Fachkräfte, Bildungseinrichtungen sowie Bildungsträger. Sie ist ebenfalls Trainerin für die Qualifizierung von Internet-ABC-Lehrkräften.

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