Handlungsempfehlungen für Kitas (August 2024)
Die Masterarbeit von Jessica Szkodzinski mit dem Titel „Handlungsempfehlungen zur frühkindlichen Medienbildung für Leitungskräfte in Kitas – Eine empirische Untersuchung zur Implementierung (digitaler) Medien“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Euregionalen Zentrum für digitale Bildung verfasst. Sie entstand im Rahmen ihrer Tätigkeit als Referentin für Medienbildung mit dem Schwerpunkt der Qualifizierung von Kitas in der Aachener Region. Ziel der Arbeit war es, durch eine empirische Untersuchung praxisnahe Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die Leitungskräfte in Kitas dabei unterstützen, digitale Medien sinnvoll in den Alltag zu integrieren und Medienbildung erfolgreich umzusetzen.
Digitale Medien sind aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken und haben daher auch in der frühkindlichen Bildung eine immer größere Bedeutung. In Kitas stellt sich schnell die Frage, wie ein sinnvoller Einsatz digitaler Medien in einer besonders jungen und sensiblen Altersgruppe gelingen kann. Denn die frühe Auseinandersetzung mit Medien kann entscheidend dazu beitragen, dass Kinder einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit diesen lernen. Die Relevanz der Medienbildung in Kitas ist daher von zentraler Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Kinder.
Theoretische Grundlagen und die empirische Untersuchung
Im theoretischen Teil der Arbeit wurden zentrale Begriffe wie Medienbildung, Medienerziehung und Medienkompetenz definiert und voneinander abgegrenzt. Medienbildung umfasst das lebenslange Lernen im Umgang mit Medien und ist von besonderer Bedeutung in der frühkindlichen Bildung, da hier die Grundlagen für das spätere Medienverhalten gelegt werden. Medienkompetenz beschreibt hingegen die Fähigkeit, Medieninhalte zu verstehen, kritisch zu bewerten und aktiv zu nutzen. Diese Kompetenzen sind essenziell, um Kinder in einer medial geprägten Welt selbstbewusst und sicher agieren zu lassen.
Für die empirische Untersuchung wurden qualitative Interviews mit Leitungskräften zweier Kitas geführt. Diese Interviews wurden systematisch codiert und thematisch analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass der erfolgreiche Einsatz digitaler Medien in Kitas von verschiedenen Faktoren abhängt, darunter die Medienaffinität der Fachkräfte, die technische Ausstattung und die Zusammenarbeit mit Eltern.
Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
Die Untersuchung verdeutlichte, dass die Integration digitaler Medien in den Kita-Alltag eine differenzierte Herangehensweise erfordert. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, sondern viele verschiedene Ansätze, die jeweils Vor- und Nachteile mit sich bringen. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern entscheidend ist für eine erfolgreiche Medienbildung. Unsicherheiten im Umgang mit digitalen Medien sind sowohl bei Fachkräften als auch bei Eltern weit verbreitet, was die Notwendigkeit regelmäßiger Schulungen und klarer Konzepte unterstreicht.
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurden mehrere Handlungsempfehlungen entwickelt:
- Entwicklung eines klaren Medienkonzepts: Jede Kita sollte ein spezifisches Konzept zur Nutzung digitaler Medien entwickeln, das regelmäßig überprüft und angepasst wird.
- Fortbildung und Schulung des Personals: Pädagogische Fachkräfte sollten kontinuierlich im Umgang mit digitalen Medien geschult werden, um ihre medienpädagogische Kompetenz zu stärken.
- Einbindung der Eltern: Elternarbeit sollte ein integraler Bestandteil der Medienbildung sein, um Unsicherheiten abzubauen und eine konsistente Erziehungspartnerschaft zu fördern.
- Niederschwellige medienpädagogische Angebote: Der Einsatz digitaler Medien sollte so gestaltet werden, dass Kinder möglichst selbstständig und kreativ damit umgehen können.
- Ressourcenbereitstellung: Kitas sollten mit den notwendigen technischen und personellen Ressourcen ausgestattet werden, um eine qualitativ hochwertige Medienbildung zu gewährleisten.
Die Arbeit bietet praktische Ansätze zur Verbesserung der Medienbildung in Kitas und leistet einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Digitalisierung im Bildungsbereich. Die Handlungsempfehlungen sollen Leitungskräfte dabei unterstützen, die Herausforderungen der Medienbildung erfolgreich zu meistern und digitale Medien sinnvoll in den Kita-Alltag zu integrieren. Eine zukünftige Forschung könnte sich darauf konzentrieren, wie diese Empfehlungen in der Praxis umgesetzt werden und welche langfristigen Auswirkungen sie auf die Entwicklung der Kinder haben.
Ein besonderes Merkmal der Arbeit ist die Kombination aus theoretischer Fundierung und praktischer Relevanz. Die Verknüpfung von theoretischen Ansätzen mit den realen Erfahrungen der Leitungskräfte ermöglicht es, praxisnahe und umsetzbare Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Die Arbeit betont zudem die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Kitas und Eltern sowie die Notwendigkeit einer vernetzten und reflektierten Herangehensweise an die Medienbildung.
Die frühe Förderung von Medienkompetenz ist entscheidend, um Kinder auf die Herausforderungen einer digitalisierten Welt vorzubereiten. Die in der Arbeit entwickelten Handlungsempfehlungen bieten Leitungskräften wertvolle Unterstützung bei der Implementierung digitaler Medien in den Kita-Alltag. Die Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle, die Kitas bei der Medienbildung spielen, und die Notwendigkeit, diese Bildungseinrichtungen mit den notwendigen Ressourcen und Kompetenzen auszustatten.
Interviewfragen von Frau Langfort-Riepe an Frau Szkodzinski
Decken sich die Daten Deiner wissenschaftlichen Arbeit mit den Erfahrungen, die Du in Deiner Tätigkeit als Referentin für Medienbildung sammeln konntest?
Die Daten meiner wissenschaftlichen Arbeit spiegeln in vielerlei Hinsicht die Erfahrungen wider, die ich in meiner Tätigkeit als Referentin für Medienbildung gesammelt habe. In beiden Kontexten zeigt sich auf jeden Fall, dass die Integration digitaler Medien in Kitas sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Ein zentrales Ergebnis meiner Arbeit, das sich mit meinen beruflichen Erfahrungen deckt, ist die Erkenntnis, dass der Erfolg der Medienbildung maßgeblich von der medienpädagogischen Kompetenz der Fachkräfte und der technischen Ausstattung der Einrichtungen abhängt. In den „Medienkompetente KiTa“-Qualifizierungen erlebe ich häufig, dass die Erzieher*innen zwar die Bedeutung digitaler Medien erkennen, jedoch oft unsicher sind, wie sie diese sinnvoll in den Kita-Alltag integrieren können. Diese Unsicherheiten führen dazu, dass digitale Medien entweder gar nicht oder nur sporadisch und wenig strukturiert eingesetzt werden.
Auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Eltern, die in meiner wissenschaftlichen Untersuchung hervorgehoben wird, stimmt mit meinen praktischen Erfahrungen überein. Die pädagogischen Fachkräfte spiegeln, dass viele Eltern im Umgang mit digitalen Medien verunsichert seien und Orientierung innerhalb der Kita suchen. Kitas spielen eine sehr wichtige Rolle dabei, Eltern zu unterstützen und ihnen Hilfestellungen zu geben, wie sie den Medienkonsum ihrer Kinder zu Hause gestalten können. Ein weiterer Punkt, der sowohl in meiner Arbeit als auch in meiner praktischen Tätigkeit deutlich wird, ist die Notwendigkeit, individuelle medienpädagogische Konzepte für jede Kita zu entwickeln. Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, das für alle Einrichtungen gleichermaßen passt. Die Bedürfnisse der Kinder, die Haltung der Fachkräfte und die Rahmenbedingungen vor Ort erfordern maßgeschneiderte Lösungen.
Der Fachkräftemangel hat gerade den Kita-Bereich besonders hart getroffen. Kann man innerhalb Deiner Handlungsempfehlungen eine Priorisierung vornehmen und eine Reihenfolge festlegen?
Ja, angesichts des Fachkräftemangels im Kita-Bereich ist es besonders wichtig, die Handlungsempfehlungen so zu priorisieren, dass sie trotz begrenzter personeller Ressourcen wirksam umgesetzt werden können. Da die medienpädagogische Kompetenz der Fachkräfte entscheidend für die erfolgreiche Integration digitaler Medien ist, sollte die kontinuierliche Weiterbildung des vorhandenen Personals an erster Stelle stehen. Durch gezielte Schulungen des Euregionalen Zentrums für digitale Bildung können die Fachkräfte sicherer im Umgang mit digitalen Medien werden, was sich unmittelbar positiv auf die Qualität der Medienbildung auswirkt. Dies hat einen hohen Hebel, da bereits kleine Fortschritte in der Kompetenz der Fachkräfte große Effekte in der Praxis haben können.
Eine weitere Priorisierung sehe ich bei der Entwicklung eines klaren Medienkonzepts. Ein medienpädagogisches Konzept gibt der Kita eine klare Richtung vor und schafft Orientierung für alle Beteiligten. Die Entwicklung eines solchen Konzepts sollte daher ebenfalls hohe Priorität haben, da es eine Grundlage für den Einsatz digitaler Medien bildet und sicherstellt, dass alle Maßnahmen konsistent und zielgerichtet sind. Auch wenn der Fachkräftemangel Druck ausübt, kann ein gut durchdachtes Konzept helfen, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen. Es muss eine Möglichkeit gefunden werden, den Kita-Leitungskräften möglichst niederschwellig, flexibel und mit geringem Zeitaufwand ein solches Konzept auf die Beine zustellen und im Kita-Alltag zu leben.
Warum ist aus Deiner Sicht die Medienbildung im frühkindlichen Bereich besonders wichtig? Und wo genau siehst Du noch Nachholbedarf?
Die Medienbildung im frühkindlichen Bereich ist aus meiner Sicht besonders wichtig, weil in dieser Phase die Grundlagen für das spätere Medienverhalten und die allgemeine Medienkompetenz gelegt werden. Kinder wachsen heute in einer Welt auf, die von digitalen Medien durchdrungen ist, und es ist entscheidend, dass sie frühzeitig lernen, diese Medien nicht nur zu bedienen, sondern auch kritisch zu hinterfragen und sinnvoll zu nutzen.
Frühkindliche Medienbildung kann dazu beitragen, dass Kinder lernen, Medieninhalte zu verstehen, ihre Wirkung zu reflektieren und sich vor möglichen negativen Einflüssen zu schützen. Dies bildet eine wichtige Grundlage, um später verantwortungsvoll und sicher mit Medien umzugehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Kinder im frühen Alter grundlegende Fähigkeiten entwickeln, die sie befähigen, Medien kreativ und produktiv zu nutzen. Diese Kompetenzen sind in einer digitalisierten Welt unerlässlich, sowohl für die persönliche Entwicklung als auch für den späteren Bildungserfolg.
Durch gezielte Medienbildung können Bildungsungleichheiten abgebaut werden. Kinder aus unterschiedlichen sozialen Hintergründen erhalten die Möglichkeit, sich gleiche Chancen im Umgang mit digitalen Medien zu erarbeiten, was für ihre zukünftige Teilhabe an der Gesellschaft entscheidend ist.
Nachholbedarfe sehe ich ganz klar im Bereich der Konzepte und Richtlinien. Viele Kitas verfügen noch nicht über klare medienpädagogische Konzepte, die den Einsatz digitaler Medien im Alltag regeln. Es fehlt an einheitlichen Richtlinien, die den Fachkräften Orientierung bieten und sicherstellen, dass digitale Medien sinnvoll und zielgerichtet eingesetzt werden.
Ein weiteres Problem ist die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Oft existieren theoretische Ansätze und medienpädagogische Modelle, die in der Praxis schwer oder gar nicht umgesetzt werden können. Es fehlen konkrete Leitfäden, die den Fachkräften helfen, die Theorie in ihren alltäglichen Kita-Abläufen realistisch zu verankern. Diese Lücke zwischen den idealen Konzepten und der praktischen Umsetzung im Kita-Alltag erschwert es den Fachkräften, digitale Medien konsistent und wirksam einzusetzen. Daher besteht ein großer Bedarf an praxisnahen und umsetzbaren Konzepten, die die Theorie mit den tatsächlichen Möglichkeiten in den Kitas verbinden und so einen nachhaltigen Einsatz digitaler Medien ermöglichen.
Quo vadis, liebe Jessi? Wie wirst Du Deine Forschungsergebnisse in Deine alltägliche Arbeit einbinden?
In meine tägliche Arbeit werde ich die Ergebnisse meiner Forschung auf vielfältige Weise einfließen lassen, um die Medienbildung in Kitas nachhaltig zu stärken. Ein zentrales Projekt, das ich auf Grundlage meiner Forschungsergebnisse konzipiere, ist die Entwicklung einer „Kita-Medienkonzept-Box“ (Arbeitstitel). Ziel dieses Projekts ist es, Erzieher*innen in die Lage zu versetzen, eigenständig Medienkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Das EZdB wird eine pädagogische Toolbox bereitstellen, die alle notwendigen Materialien und Anleitungen enthalten soll und so gestaltet sein wird, dass sie den Kitas eine strukturierte, selbsterklärende und flexible Methode bietet, ein maßgeschneidertes Medienkonzept für ihre Einrichtung zu entwickeln und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Medienkonzept-Box wird speziell für Kita-Leitungskräfte konzipiert, um ihnen die Möglichkeit zu geben, unabhängig von externen Berater*innen und zu frei wählbaren Zeiten an ihrem Medienkonzept zu arbeiten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Entwicklung des Medienkonzepts nahtlos in den Alltag der Kita integriert werden kann, ohne dass es zu einer zusätzlichen Belastung oder zeitlichen Einschränkungen kommt.
In meinen Forschungsergebnissen wurde deutlich, wie wichtig der Austausch zwischen den Kitas ist. Daher möchte ich Netzwerktreffen und Plattformen für den Erfahrungsaustausch zwischen den Einrichtungen fördern, um voneinander zu lernen und gemeinsam innovative Ansätze zu entwickeln. Das Kita-Mediencafé am 14.11.2024 und der geplante Kita-Fachtag im April 2025 sind konkrete Beispiel dafür, wie dieser Austausch in die Tat umgesetzt wird.
Schließlich werde ich meine Forschungsergebnisse auch dazu nutzen, meine eigene Arbeit kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Ich sehe es als meine Aufgabe, nicht nur auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, sondern auch proaktiv neue Wege in der Medienbildung zu erkunden und diese in die Praxis umzusetzen.
Die gesamte Masterarbeit können Sie hier einsehen.
Jessica Szkodzinski
Über die Autorin: Jessica Szkodzinski ist seit Juli 2022 als Referentin für Medienbildung im Euregionalen Medienzentrum tätig, beschäftigt sich vordergründig mit der Medienkompetenzförderung der Jüngsten und ist mit den vielfältigen Medienthemen im frühkindlichen Bereich bestens vertraut. Dazu gehört auch die Durchführung der „Medienkompetenten KiTa“-Qualifizierung. Ihr Know-how im Bereich der Medienwissenschaft und der Medienpädagogik vermittelt sie leidenschaftlich gerne in diversen Schulungen und Beratungen an pädagogische Lehr- und Fachkräfte, Bildungseinrichtungen sowie Bildungsträger. Sie ist ebenfalls Trainerin für die Qualifizierung von Internet-ABC-Lehrkräften.
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