Handynutzung an Schulen
Gibt es ein Patentrezept? (September 2024)
Spätestens mit 10 Jahren ist das Smartphone nicht mehr wegzudenken. Mehr als die Hälfte der Kinder hat dann ein eigenes Handy. Das ist das Ergebnis der renommierten Studie Kindheit, Internet, Medien (KIM) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest aus dem Jahr 2022. Auch die Schulen sind deswegen gefordert, sich über die Mediennutzung im Unterricht und auf dem Pausenhof Gedanken zu machen. Europaweit wird derzeit heftig diskutiert, ob ein generelles Handyverbot sinnvoll ist. In Deutschland werden die Befürworter einer solchen Maßnahme lauter. Sie stützen sich dabei unter anderem auf Studien wie die kürzlich in der Fachzeitschrift „Education Sciences“ veröffentlichte wissenschaftliche Arbeit des Lehrstuhls für Schulpädagogik der Universität Augsburg, die belegt, dass die Handynutzung das soziale Wohlbefinden und die schulischen Leistungen von Kindern und Jugendlichen beeinflusst.
Auf den ersten Blick scheint also ein Handyverbot das Allheilmittel gegen sinkende Schulleistungen, zwischenmenschliche Konflikte oder gar Radikalisierung zu sein. Doch selbst die beiden Autor*innen der genannten Studie betonen, dass ein Verbot allein nicht ausreicht. Stattdessen fordern sie mehr Aufklärung und strengere Handy-Regeln an Schulen. Denn die heranwachsende Jugend müsse medienkompetent werden und einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Technologien erlernen. Ein striktes Verbot für die unteren Klassenstufen sei aber dennoch sinnvoll, so die Forscher.
Dies unterstreichen auch die Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie (2022). Dort wurde bereits darauf hingewiesen, „dass Schüler*innen, die Schulen mit Handyverbot besuchen, Benachrichtigungen von sozialen Apps seltener ausschalten, wenn sie ins Bett gehen“. Dies deutet darauf hin, dass die jungen User*innen keine eigenen Strategien für eine gesunde Handynutzung entwickelt haben. Hier könne die Schule mit klaren Regeln zur Handynutzung helfen.
Die genaue Wirksamkeit und die Folgen eines generellen Handyverbots hingegen müssen erst noch weiter erforscht werden.
Kontrollierter Umgang dank Handyordnung
In der aktuellen Diskussion um Handyverbote an Schulen wird oft nicht erwähnt, dass es bereits sehr erfolgreiche Regelungen für eine kontrollierte Nutzung an Schulen gibt. Diese finden sich in der Hausordnung oder einer speziellen Handyordnung und/oder sind fest im Medienkonzept der Schule verankert.
Bewährt haben sich unter anderem verbindliche und allgemein bekannte Regeln zur Handynutzung, wie zum Beispiel klar definierte Zeiten und Orte, an denen Smartphones genutzt werden dürfen. Dazu können auch spezielle Unterrichtseinheiten gehören, in denen diese Geräte bewusst zur Förderung digitaler Kompetenzen eingesetzt werden. Bei Nichteinhaltung der Regeln müssen aber auch konsequente Sanktionen ergriffen werden, wie zum Beispiel das Einsammeln der Smartphones bis zum Ende des Schultages. Wichtig ist hierbei, dass die Regeln für alle Akteur*innen der Schule bekannt sind und gelebt werden.
Neben Regeln für den Umgang mit digitalen Medien sollte auch eine gezielte Aufklärung über digitale Medien stattfinden. Neben dem Unterricht können hierfür auch Peer-to-Peer-Angebote hilfreich sein, wie die sogenannte Medienscouts NRW. Das sind Schüler*innen, die ihre Mitschüler*innen hinsichtlich einer angemessenen Mediennutzung beraten und ihnen bei Problemen als vertrauenswürdige Ansprechpersonen dienen.
Warum eine Handyordnung in der Schule wichtig ist und was darin stehen sollte, können Sie zum Beispiel den Begleitmaterialien zum Medienkompetenzrahmen NRW entnehmen:
Weitere Anregungen
Das Euregionale Zentrum für Digitale Bildung (EZdB) bietet vielfältige Beratungs- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte aus 750 Bildungseinrichtungen der Region rund um das Thema Lehren und Lernen mit und über digitale Medien. Darüber hinaus führt das EZdB gemeinsam mit dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Landesanstalt für Medien NRW die Qualifizierungen zum Projekt „Medienscouts NRW“ durch. Die Anmeldung erfolgt über die Website der Einrichtung:
www.medienzentrum-aachen.de
Anna Metzger
Über die Autorin: Anna Metzger ist seit Juni 2018 als Referentin für Medienbildung im Euregionalen Zentrum für Digitale Bildung tätig. Ihr Herz schlägt dafür, Lehr- und pädagogische Fachkräfte sowie Bildungseinrichtungen und Träger*innen für die Herausforderungen rund um die Digitalisierung stark zu machen und individuell zu unterstützen. Dabei hat sie immer die betroffenen Kinder und Jugendlichen im Blick. Geprägt wurde ihre Arbeit nicht nur durch ihr Lehramtsstudium und ihren Master in Kommunikationswissenschaft, sondern auch durch ihre vielfältigen Tätigkeiten im nationalen und internationalen Bildungsbereich in Museen, Stiftungen oder wissenschaftlichen Einrichtungen.
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