Technik ist nicht (mehr) „typisch männlich“!
Aktuelle Studie zeigt: Mädchen und Jungen im Alter von 15 Jahren sind im Umgang mit neuen Technologien ähnlich kompetent
Technik galt lange Zeit als typisch männlich, das lässt sich zumindest aus einer weit verbreiteten Geschlechterstereotype ableiten. Und wenn man sich die Studienwahl von Frauen und Männern anschaut, scheint das auch nicht so abwegig. MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) stehen bei Männern deutlich höher im Kurs als bei Frauen. Haben Männer demnach eine größere Technikkompetenz als Frauen? Die aktuelle Auswertung des Nationalen Bildungspanels zur zentralen Fragestellung „Wie entwickeln sich ICT Kompetenzen im Jugendalter?“ untersuchte die Kompetenzen im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien von insgesamt 14.000 Jungen und Mädchen im Alter von jeweils 15 bzw. 18 Jahren (Wiederholungsmessung) und zeichnet ein anderes Bild. Demnach unterscheiden sich Jungen und Mädchen im Alter von 15 Jahren kaum in ihren Kenntnissen und Fähigkeiten, wie Informations- und Kommunikationstechnologien angewendet und genutzt werden können.
Innerhalb der anschließenden drei Jahren entwickeln sich die Geschlechterunterschiede jedoch zum Nachteil von Mädchen. So zeigt sich mit 18 Jahren bei den männlichen Studienteilnehmern eine leichte Verbesserung der ICT Kompetenz gegenüber den weiblichen Teilnehmerinnen. Ein deutlicher Unterschied lässt sich aber vor allem beim Selbstvertrauen in Bezug auf die eigenen ICT Kompetenzen finden. Hier trauen sich Mädchen wesentlich weniger zu als Jungen. Da das Selbstvertrauen zu den motivationalen Aspekten zählt, die einen Einfluss auf die ICT Kompetenz haben, lässt sich vermuten, dass der gezeigte Unterschied zumindest teilweise mit dem geringeren ICT-bezogenen Selbstvertrauen zu erklären ist. Dementsprechend könnten Frauen schon deswegen seltener im technischen Arbeitsbereich anzutreffen sein, weil sie sich dies schlichtweg nicht zutrauen.
Rahmenbedingungen zur Förderung von ICT Kompetenzen
ICT steht für information and communication technologies – zu Deutsch: Informations- und Kommunikationstechnologien. Zu den Kompetenzen zählt dabei das Wissen über die Technologien und die Fähigkeit, dieses Wissen sinnvoll und effektiv einsetzen zu können. ICT Kompetenzen lassen sich in fünf Aspekte unterteilen. Sie umfassen die Fähigkeit digitale Informationen zu finden, zu ordnen, zusammenzufassen, zu beurteilen und die gesammelten Informationen für weiterführende Aufgaben zu nutzen. Diese Kompetenzen werden in Nordrhein-Westfalen vom Medienkompetenzrahmen NRW abgedeckt, dem Instrument des Landes, um Medienbildung nachhaltig und systematisch in Unterricht und Bildungsalltag zu implementieren. Gleichzeitig sind sie auch fest in den Lehrplänen der einzelnen Fächer verankert. Lehrkräfte sind also angehalten, Medienkompetenzen bereits ab der ersten Klasse an Schüler*innen zu vermitteln.
Welche Faktoren eine Vermittlung von Medienkompetenz positiv beeinflussen, lässt sich aus der Studie ebenfalls ableiten. Dabei zeigt sich, dass das Wissen über Informations- und Kommunikationstechnologien selbst einen großen Einfluss auf die Kompetenzen im Umgang mit ebendiesen hat. Kognitive Fähigkeiten und ein gutes Selbstbewusstsein im Umgang mit neuen Technologien wirken sich ebenso positiv auf die Medienkompetenz aus, wie auch der gezielte Einsatz von Kompetenzen für einen bestimmten Zweck und intrinsische Motive. Doch nicht jeder Anreizfaktor eignet sich gleichermaßen gut zur Stärkung der Medienkompetenz. Chatten, Liken und Posten sind beispielsweise Prozesse, mit denen sich Jugendliche auskennen. Gerade diese Aktivitäten in den sozialen Netzwerken machen Mädchen und Jungen jedoch nicht medienfitter. Denn sie erfordern keine gründliche und sorgfältige Bewertung von Inhalten und werden zumeist parallel zu schulischen Aufgaben erledigt. Vielmehr beeinträchtigen diese zeitgleichen Prozesse die Verstehens- und Lernprozesse sogar und führen in der Folge zu einer geringeren ICT Kompetenz.
Es bleibt festzuhalten, dass der Erwerb von ICT Kompetenzen für das Jugendalter eine große Rolle spielt. Das Interesse von Jungen und Mädchen an technischen Fächern kann geweckt und ein kompetenter Umgang beider Geschlechter mit Informations- und Kommunikationstechnologien gefördert werden. Mädchen sind im Umgang mit digitalen Medien nicht weniger kompetent als Jungen, aber ihnen fehlt es oftmals an genügend Selbstbewusstsein in diesem Bereich. Maßnahmen zur Förderung des technologischen Interesses und zur Stärkung des Selbstbewusstseins im Umgang mit digitalen Medien können jedoch zu mehr Chancengleichheit im späteren Leben beitragen.
Falls Sie mehr über die Studie erfahren möchten, informieren Sie sich gerne hier: www.lifbi.de/de-de/Start/Forschung/Gro%C3%9Fprojekte/NEPS-Nationales-Bildungspanel
Lara Langfort-Riepe
Über die Autorin: In der Abizeitung stand bei Berufswunsch: Irgendwas mit Medien für Kinder! Denn schon während ihrer Schulzeit berichtete Lara als rasende Reporterin für junge Menschen. Nach einem wissenschaftlichen Magisterstudium in Greifswald und Münster mit den Schwerpunkten Kindermedien, Medienbildung und Recht sowie einem Fernseh-Volontariat in Köln waren die Kindernachrichtensendung logo! genau wie der Kinderkanal KIKA und die Film- und Fernsehschule in Hamm wichtige Stationen in ihrem beruflichen Leben. So ist es kaum verwunderlich, dass Lara ein großes Faible für die Filmbildung hat. Seit dem Jahr 2016 leitet sie das Euregionale Zentrum für digitale Bildung.
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